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Dependant Pass

 

Die Geschichte vom Dependant Pass ist vielleicht ein gutes Beispiel um zu zeigen wie die Bürokratie in Tanzania funktioniert. Geduld, Ausdauer und auch eine gesunde Portion Humor sind gefragt um mit dieser Bürokratie umzugehen und sich nicht ständig die Harre zu raufen, bzw. zu verzweifeln. Dies gilt natürlich besonders für Tansanier und nicht nur für Einreisende.

Aber der Reihe nach: ich bin, wie Ihr Euch vielleicht denken könnt mit einem normalen Touristenvisum in Tanzania eingereist, es ist gültig für drei Monate und kostet bei der Einreise 50 Dollar.                                                                                                                                                                          

Nun ist es auch in Tanzania so, dass man nach der Heirat nicht automatisch eine Aufenthaltsgenehmigung bekommt, sie muss beantragt werden. Die Aufenthaltsgenehmigung ist der Dependant Pass. Natürlich könnte ich auch alle drei Monate für ein paar Tage ausreisen, z.B. nach Kenia. Aber das kostet Zeit und natürlich Geld. Kurz nach unserer Hochzeit haben Sadat und ich uns also das erste Mal aufgemacht und sind in Arusha in das Migrationsamt gefahren. Ein altes Gebäude, davor eine riesige Menschenmasse, scheinbar Migranten aus Kenia, Ruanda oder sonst wo her. Wir haben uns erstmal brav angestellt und uns auf ewig langes Warten eingestellt. Es herrschte eine merkwürdige ruhige, aber trotzdem angespannte Atmosphäre. Hier habe ich eine winzige Vorstellung davon erhalten, wie es sein muss, wenn man in Europa darauf wartet einreisen zu dürfen. Das wir in dieser Menschenmenge falsch waren, wurde uns schnell durch ein paar Gespräche klar.  Wir landeten in einem Büro mit drei Angestellten, die übrigens die Uniform der Armee trugen, die Schreibtische quollen über von Aktenbergen. „Oh je“, dachte ich, egal was, es wird ewig dauern. Sadat erklärte kurz unser Anliegen und ich wurde eingehend gemustert. Eine Beamtin schrieb darauf hin eine Liste mit den Dokumenten die wir für diesen Pass benötigten. Kopie der Heiratsurkunde, Passkopien, drei Passbilder von mir, eine Bescheinigung von Sadats Arbeitgeber, eine Bescheinigung des Bürgermeisters von Mbauda, dass wir hier wohnen, es gibt in Tanzania kein Melderegister wie in Deutschland. Mbauda ist der Stadtteil von Arusha in dem wir leben.  Außerdem benötigten wir noch ein ausgefülltes Formular in dem drei Personen für mich bürgen. Kopien waren kein Problem, die Passbilder waren auch schnell gemacht. Den Bürgermeister von Mbauda kannte Sadat nicht, die Frage war also, wer kennt diesen Bürgermeister. Manchmal ist weiblich Intuition doch eine gute Sache, auf der Suche nach dem Bürgermeister fiel mir spontan ein, im Polizeirevier von Mbauda nachzufragen. Manchmal hat man einfach Glück, das Polizeirevier entpuppte sich als Sitz des Bürgermeisters. Drei Personen waren anwesend, es sah nicht so aus, als ob dieser Job sehr stressig ist. Wir waren die einzigen Besucher, Sadat teilte unser Anliegen mit und wieder wurde ich von oben bis unten gemustert. Es gab einen kurzen Wortwechsel zwischen Sadat und dem Bürgermeister, bei dem ich natürlich nur Bahnhof verstand. Wir sollten draußen warten, er würde sich gleich um uns kümmern. „Gleich“ ist ein sehr relativer Begriff. Irgendwann tauchte der Bürgermeister auf, ließ uns aber links liegen um in zwei Shops nach dem Rechten zu sehen, sehr wichtig wirkte er dabei. Nachdem wir fast eine Stunde auf ihn gewartet hatten, gesellte er sich dann zu uns, um mit uns nach Hause zu gehen. Er musste sich ja davon überzeugen, dass wir tatsächlich in Mbauda leben. Bei uns angekommen, servierte ich brav Tee und Kekse. Sadat und der Bürgermeister verfielen in einen Plauderton, es hörte sich alles sehr freundlich an. Nach einer Weile übersetzte Sadat Teile des Gespräches und meinte, um die Bescheinigung zu bekommen, wäre es mehr als hilfreich, wenn ich mich am Bau einer Brücke mit 100 Euro beteiligen würde. Na klar, der Brückenbau liegt uns sehr am Herzen. Wir bekamen die Bescheinigung zwei Tage später. Das Formular für die Bürgen war recht schnell ausgefüllt, dankenswerterweise bürgen Happy, ein Freund von Sadat und unser Vermieter für mich. Zwischendurch musste Sadat wieder für 7 Tage auf Safari gehen, sodass  die Bescheinigung seines Arbeitgebers, ein Safariunternehmen, noch nicht vorlag. Die Bescheinigung als PDF Datei an unsere E-Mail Adresse zu senden wäre wirklich viel zu einfach gewesen. Nein er musste zwei Wochen später dort hinfahren um sie persönlich abzuholen, natürlich mit angemessener Wartezeit. Endlich hatten wir alle Papiere zusammen und konnten uns wieder auf den Weg zum Migrationsamt machen. Die Angestellten konnten sich noch an uns erinnern und ein Beamter ging mit uns die Papiere durch. Bei unserer Heiratsurkunde stutze er, ob es in Deutschland Muslime gäbe wollte er wissen. Ja, die gibt es, erklärte Sadat ihm, außerdem sei ich in Tanzania konvertiert, dies beruhigte ihn scheinbar ungemein. Nachdem sichergestellt war, dass alle Papiere vorlagen, versprach er uns, sich für eine zügige Bearbeitung einzusetzen und sich in ein paar Tagen bei uns zu melden. So ein Versprechen ist natürlich auch nicht ganz umsonst. Eine Woche später rief er uns an, es gäbe ein Problem wir sollten doch umgehend ins Migrationsamt kommen. Wir waren beide ziemlich angespannt und nervös. Dort angekommen teilte uns der Beamte mit, es gäbe einen neuen Chef und dieser würde uns den Pass nicht ausstellen, aber wir könnten mit ihm reden, müssten aber eine Weile warten. OK, Warten ist ja mittlerweile eine Lieblingsbeschäftigung von uns. Wir wurden allerdings recht schnell in ein riesiges Büro gebracht und durften uns setzen. Hinter einem riesigen Schreibtisch thronte ein scheinbar hoher Beamter auch in Uniform, der uns eine kurze Lektion in Machtausübung zukommen lassen wollte. Nachdem er uns eine Weile komplett ignoriert hatte um  zu telefonieren, redet er auf Sadat ein um mich dann auf Englisch nach unserem Hochzeitstermin zu fragen und was ich in Tanzania wollte und warum wir so schnell geheiratet hätten. Ich war so verdutzt, dass ich nur noch stammeln konnte. Danach ließ er sich meinen Pass zeigen und verlangte Sadats Pass zu sehen, den hatten wir aber leider oder vielleicht zum Glück nicht dabei. Wir sollten ihn holen und zurück kommen. Also im Eiltempo zum nächsten Taxi, im Taxi erklärte mir Sadat den Inhalt des Gespräches den ich bis dahin nicht komplett verstanden hatte. Dieser Beamte glaubte, wir würden eine Scheinehe führen und aus diesem Grund könnte er meinen Dependant Pass nicht befürworten. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, jedenfalls nicht in Tanzania, in Deutschland so wusste ich wäre das ein „normaler“ Vorwurf, aber in Tanzania? Wie zum Kuckuck beweist man in kürzester Zeit, dass man eine ganz normale Ehe führt. Außer, dass wir unser Hochzeitsfoto zeigen könnten, fiel uns nicht so ganz viel ein und wir waren auf der Hin und Rückfahrt zum Migrationsamt recht bedrückt. Wieder im Büro dieses Beamten zeigte ich ihm unaufgefordert ein Hochzeitsfoto auf meinem Handy und Sadat gab ihm seinen Pass. Er musterte uns eine Weile und erklärte dann Sadat, ich würde den Pass in den nächsten Tagen bekommen. Warum es zu diesem Sinneswandel kam, wir wissen es nicht und haben nur kurz darüber spekuliert. Es dauerte noch vier Tage bis der ersehnte Anruf kam, wir könnten den Pass abholen. Davor mussten wir allerdings noch 200 Dollar bezahlen, warum verteilt auf ein Konto und Cash habe ich nicht verstanden. Ich hab ihn jetzt meinen Dependant Pass und darf damit zwei Jahre bleiben und bei der Ausreise nach Kenia und der Wiedereinreise nach Tanzania gab es damit keine Probleme.

 

Ohne dass ich einen Bezug zu meiner kleinen Geschichte herstellen will, möchte ich erwähnen, dass sich der Präsident von Tanzania ganz entschieden gegen Korruption einsetzt.

 

Ich weiß, es ist naiv gedacht, aber eine Welt ohne Grenzen, Visa und der gleichen wäre doch eine sehr reizvolle Vorstellung.

 

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Ulla Holbein (Sonntag, 08 April 2018 11:17)

    Liebe Elske,
    jetzt endlich kann ich deinen Blog weiter verfolgen!...
    Und darüber freue ich mich sehr, ist klar!...
    Du bist ja immerhin einige Kilometer entfernt und deine Geschichte hört sich schon äusserst spannend an!...
    Ich wünsche dir weiterhin alles erdenklich Gute, hätte nicht gedacht, dass dein "Bleiben" dort mit so viel Schwierigkeiten verbunden ist/war!...
    Ich werde es weiter mit Spannung verfolgen! :)
    Es grüßen dich/euch ganz herzlich Ulla und BOlle...bis dann...:)